Der Glaube ist wie der Vogel, der schon im Dunkeln singt.
Wer in diesen Frühlingstagen frühmorgens wach wird, wenn es noch dunkel ist, der wird ein vielstimmiges Konzert hören können. Der Gesang unserer Singvögel gehört immer noch für viele Menschen zu einem sicheren Zeichen, dass jetzt der Frühling da ist. Er gibt der frühen Morgenstunde eine besondere Stimmung. Noch ist es dunkel, aber schon ertönt ein Gesang aus vielen Stimmen!
Die Anzeichen des Frühlings begleiten das höchste Fest der Christen, Ostern! Im Anschluss an das jüdische Pessachfest fällt unser christliches Osterfest immer in den Frühling. Die Kirche hat sich in alter Zeit darauf geeinigt, dass der Ostersonntag immer nach dem ersten Vollmond im Frühling gefeiert wird. So kann das neu erwachende Leben im Frühling für uns ein Sinnbild und Gleichnis werden für das neue Leben, das in Jesus Christus erstanden ist.
In der Kirche beginnen wir die Osterfeier mitten in der Nacht, im Dunkel. Die Frauen aus dem Kreis der Jünger Jesu waren noch im Dunkel aufgebrochen, um nach seinem Grab zu sehen, als eben die Sonne aufging. So berichtet Markus in seinem Evangelium.
Zuviel Dunkel umgibt uns heute in unserer Welt. Viele beängstigende und bedrückende Nachrichten erreichen uns. Die Kriege, die immer noch geführt werden, die zu eskalieren drohen, in denen es auch an Ostern keine Pause gab, eher im Gegenteil! Die Zerstörung der Schöpfung, die weiter um sich greift, Unvernunft und Profitgier scheinen weiter zu regieren. Feindschaft, Hass und Misstrauen, die unsere Gesellschaft zu spalten drohen. Persönliche Schicksalsschläge treffen scheinbar willkürlich und unberechenbar ein, Krankheit, Unfälle, Todesnachrichten. Über unser Leben und über der ganzen Menschheit scheinen Vergänglichkeit und Tod zu regieren.
Finden wir in so viel Dunkel das Licht von Ostern?
Kürzlich habe ich den Satz gehört: Der Glaube ist wie der Vogel, der schon im Dunkeln singt!
Die ersten Jüngerinnen und Jünger damals in Jerusalem gerieten mit der Hinrichtung ihres Herrn in Dunkel, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Sie fanden mit der Botschaft von seiner Auferstehung heraus aus ihrer Angst und dem Dunkel. Bald standen sie mutig in aller Öffentlichkeit, um ihren Glauben zu bezeugen. Unzählige Menschen haben diesen Glauben gefunden und so die Kraft empfangen, in das Dunkel von Bosheit, Unmenschlichkeit und Tod immer wieder Licht zu bringen.
Bereits vor Jahrzehnten haben Naturschützer davor gewarnt, dass ein "stummer Frühling" ohne den Gesang niemals eintreten dürfe. Möge auch der Ostergesang des "Halleluja" nie verstummen, gerade nicht angesichts des Dunkels, das uns umgibt!
Stefan Sänger, Pfarrer (Wadern- Nunkirchen)